Werden und Entstehen städtischer Funktionsbauten

 

Dass Ämter und öffentliche Einrichtungen sich erst im Laufe der Zeit ein eigenes Gehäuse schaffen und sie vorher hier und da im Ort untergebracht waren, lässt sich nicht nur in Waldbröl beobachten.. Religionsgemeinschaften, Schulen, Verwaltungen und Vereine gewannen auf diese Weise eine eigene, nicht zu vernachlässigende Häusergeschichte. Sie gehört zur historischen Identität eines Ortes, mag sie auch nur selten über die Jahrzehnte in Erinnerung bleiben. Dass daneben gewisse Funktionen wie Bahnhöfe oder Denkmäler, solange sie existierten, standortbezogen bleiben, stellt eher die Ausnahme dar. Aber selbst Denkmäler verlassen gelegentlich den Platz und finden sich anderswo wieder. Die dreifache Stationierung und Neufassung des Waldbröler Zuccalmaglio-Denkmals ist hier ein Beispiel. Deutlicher blieb in Erinnerung, wie ein erstes recht bescheidenes Krankenhäuschen am Anfang der Krankenversorgung stand und in der Folge von immer anspruchsvolleren Gebäuden für die Krankenversorgung abgelöst wurde. Unsere Bildergeschichte begleitet diese Entwicklung mit älteren und neueren Aufnahmen (incl. einer Zeichnung von W. Engelbert und einem Foto von O.Heise) ..

Erinnerung an den geschichtlichen Wechsel erhält sich über längere Zeit nur selten. So hielt der verstorbene Hans Simon in der von ihm wesentlich mitgestalteten Reihe „Aus Waldbröls Vergangenheit“ (Band 11 S. 14f.) fest, dass die Verwaltung des ehemaligen Landkreises (vor 1932) vor dem Bezug eines repräsentativen Kreishauses (1899, umgebaut 1928), nacheinander in wechselnden Bürgerhäusern untergebracht war. Er nennt fünf im Stadtgebiet. Man könnte die Odysseen anderer Ämter , etwa des Katasteramtes und anderer Behörden im Dorf ergänzen. Sie lebten lange mit solchen Umzügen von Generation zu Generation und trugen zu einer Umordnung des Dorfes und seiner zentralen Örtlichkeiten bei.

Fragt man nach dem Rathaus, so war die dazugehörige Funktion der Bürgermeisterei lange identisch mit der Wohnung des jeweiligen Bürgermeisters (vgl. Budde I, S.83) oder im Ort „angemietet“. Erst 1847 gab es ein eigenes Gebäude an der heute sog. „Alten Rathausstraße“. Nach einigen Jahrzehnten wurde es zu klein. Die Folge war, dass Ämter ausgelagert wurden, sich hierhin und dahin im Ort verstreuten, bis es zu längerer Bleibe und einer weiteren Umnutzung kam. Als das Rathaus Ende der 50 er Jahre vorübergehend, wie man hoffte, in die ehemalige Hollenbergschule einzog – die Schule hatte ihrerseits seit der Gründung 1861 und seit den Hoemannschen Anfängen und danach der Wiedenhofscheune ebenfalls eine räumliche Entwicklung hinter sich – , sollte dies zunächst nur eine Zwischenlösung sein.

Bemerkenswert scheint dem Betrachter, dass die vor dem ersten Weltkrieg entstandenen neuen Funktionsbauten, wie Kreishaus, Bahnhof, Winterschule, Wiedenhofschule und Rektoratschule, ebenso wie bereits vorher die Heil- und Pflegeanstalt, im wohlgemessenen Abstand außerhalb des bisherigen Zentrums entstanden. So, als könnten sie dem Ort die spätere Ausdehnung vorgeben. Von der Eingemeindung entfernter Ortsteile wie Boxberg, Kalkberg und Brenzingen oder der Verlagerung von Einkaufszentren in die Peripherie war zu damaliger Zeit noch keine Rede.