Weißt du, wie viel Dörflein stehen?

 

Dass Waldbröl derzeit 64 sog. „Ortsteile“ zählt und seit wann es sie namentlich gibt, liest, wer es wissen möchte, im Internet in wikipedia. Dort finden sich genannt sowohl eingemeindete, einst selbständige Dörfer als auch weiter für sich bestehende Außenortschaften. Alle miteinander als "Ortsteil" bezeichnet. Die Namenliste stützt sich, wie es scheint, auf die amtliche Einwohnerstatistik. Die ebenfalls dort zu findenden Angaben über Erstnennungsdaten stützen sich , so scheint es, auf die bisher einzige oberbergische Übersicht, also das von Klaus Pampus und dem Bergischen Geschichtsverein 1998 herausgegebene Standardwerk über die „Urkundlichen Erstnennungen oberbergischer Orte“.

Schon dieses Werk, das sich vor allem der frühen Urkunden und sonstiger Geschichtsquellen bediente, ließ im Titel eine Vereinfachung erkennen, insofern darin Ortschaften aus dem angrenzenden Much, Friesenhagen und Windeck (wegen ihrer einstigen Zugehörigkeit) einbezogen waren.

Ähnlich undeutlich ist auch die Aufzählung der Waldbröler Dörfer in dem genannten Artikel „Waldbröl“ in wikipedia. Hier werden Ortschaften als „Ortsteil“ aufgeführt, egal ob es sie auch heute noch als selbständige Einzelorte gibt (so z.B. Waldbröls ältester Außenort Diezenkausen, heute ein Ortsteil von Waldbröl, nicht weniger als etwa Brenzingen). Das Alter und frühes historisches Vorkommen sind hier also nicht die Richtschnur gewesen.

Daher findet sich kein Alsberg oder Kalkberg oder Boxberg, aber erstaunlicherweise auch kein Hecke, Neuenhof oder Wilhelmsthal. Man könnte fragen, ob ihnen der Rang oder die Funktion  als „Ortsteil“ verloren ging oder sie ihn nie besaßen. Dass die drei letztgenannten auf der Webseite der Stadt bei gleicher Zahl von 64 dann wiederum im Verzeichnis der „Ortschaften“ erscheinen, macht stutzig und lässt nach den dafür  Ausgetauschten fragen.

 

Solches Hin und Her zwischen Gestern und Heute, zwischen Kommunalentwicklung und Dorfgeschichte kann nicht ohne Folgen sein. Dass in einer Zeit der von den Verwaltungen vermehrt beobachteten demographischen Entwicklung auch dem Leben der Dörfer besondere Aufmerksamkeit gilt, verwundert nicht. Dorfwettbewerbe wenden sich inzwischen unter neuem Schlagwort an „räumlich geschlossene Ortschaften oder Gemeindeteile“ ,denn man möchte sie in ihrem sozialen und kulturellen Eigenwert fördern. Geraten sie allerdings bei zu großer Nähe in den Sog der Zentren, könnte die Losung lauten, sich eine neue oder zweite Identität zuzulegen. Worum geht es da nun in Sachen Eigenwert? Sollte ein „Ortsteil“ sich also noch weiter Dorf nennen dürfen, wenn er nur noch als Wohnlage erscheint? Ein Ortsteil, der wie Brenzingen jüngst (2009) „600 Jahre alt“ wurde, sollte er sich noch seiner vergangenen, in diesem Fall sogar doppelten Selbständigkeit (als Bauern- und Junker-Brenzingen) rühmen dürfen?

 

Was alle diese Ortsteile stärkt, könnten gehäufte Darstellungen ihrer Vergangenheit und ihrer Entwicklung sein. Erstnennungen könnten den Anstoß geben. Ohne Unterscheidung ihrer neueren kommunalen Zuordnung. Dorffeste knüpften eine Zeitlang gerne an den alten Daten der Erstnennung an, obwohl die Erstnennungen nur selten zugleich Gründungsdaten waren und bei sorgfältiger Archivarbeit gelegentlich ältere Nennungen gefunden wurden.

 

Zunächst für den kleinen Kreis Ortsansässiger gedruckt, erschienen in letzter Zeit Dokumentationen zu Puhl und Wilhelmsthal ebenso wie für Bohlenhagen und Schönenbach, freilich alle wegen kleiner Auflage in Eigenregie der Verfasser bis auf Restexemplare vergriffen.