Vereinsleben

 

 

Dass es in Deutschland immer noch Tausende von Vereinen gibt (ca. 600 000), in denen die Hälfte der Deutschen sich wiederfindet, der Mensch schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts als „Vereinsmensch“ definiert wurde, die frühen Vereine gehäuft Anfang des 19. Jahrhunderts im Kontext der Industrialisierung entstanden, es im Vereinsgesetz  von 1908 und aktuell von 1964 eine genaue Begriffsbestimmung für den eingetragenen Verein e.V. gibt,  sind Fakten und Erkenntnisse  der aktuellen Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte.

Wie aber war und ist die Lage vor Ort? Seit wann gibt es Vereine? Bestehen sie noch heute? Wie viele sind es? Einen wie großen Teil der Bevölkerung des Ortes erreichten und erreichen sie? Die Fragen zeigen, wie sich Vergangenes und Gegenwärtiges  auf diesem Gebiet vielfältig begegnen und der kulturelle Wandel eine immer größere Rolle spielt.

Lange waren vermutlich die wichtigsten Vereine zugleich die drei ältesten, nämlich der  Männergesangverein 1862 e.V., der Krieger- und der Handwerkerverein 1878. Zahlen fehlen. Sie erreichten einen zunehmend großen Teil der Menschen vor Ort, waren Verbindungen, die auch auf dem Land den wachsenden Freizeitanteil des Lebens zusammen mit den Kirchen kulturell gestalteten. Es waren ihrem Anspruch nach und  der Zeit ihres Entstehens entsprechend von Männern gegründete und ihnen vorbehaltene Angebote. Ihre Konstanz über Jahrzehnte hinweg ist bemerkenswert. Immerhin sieben Jahrzehnte alt wurde auch ein früh entstandener Vaterländischer Frauenverein, der sich vor allem wohltätigen Aufgaben widmete.

So ist es dargestellt in einer Publikation aus dem Jahr 1987  mit dem Titel „ Das Dorf der Väter und seine drei ältesten Vereine “. Auf sie beschränkte sich die  Darstellung mit einem Akzent auf Alter und Bedeutung. Unzählige Details aus der langen Geschichte der drei Vereine sind hier aufgehoben. Deutlich wird, dass für manche Jahrzehnte des 19. und 20. Jhs eine Art Geschichte des Ortes auch aus der Sicht seines Vereinslebens eine Verlockung war. Dass es einen wachsenden Bevölkerungsanteil gab, den das Vereinsleben nicht erreichte, entzog sich der Darstellung. Ein neues Problemfeld tut sich auf und damit die Frage vor allem nach der Zukunft der eingetragenen Vereine. Dass nicht alle Vereine ihren Rang zu halten vermochten, verdankt sich dem immer schnelleren kulturellen Wandel bis in die Gegenwart.

Manche Gründungen mag der Autor auch in ihrer Besonderheit und Bedeutsamkeit übersehen haben. Was die Dauer seines Wirkens angeht, betrifft dies  zweifellos den 1882 gegründeten „Verschönerungsverein“, der im Laufe seines zeitlich unterbrochenen und von Neugründungen geprägten Bestehens öfter sein Aufgabengebiet erweiterte, den Namen wechselte und der 2007 als VVV (Verkehrs- und Verschönerungsverein e.V.) sein 125 jähriges Bestehen feierte. Mal hieß er Gemeinnütziger Verein, mal Fremdenverkehrsverein, mal Kreisverkehrsverein usw., sich auf diese Weise wechselnden Zeiten und touristischen Aufgaben anpassend. Dass es in jeder Epoche eine Fülle weiterer Vereinigungen gab, die entstanden und wieder vergingen, dürfte den Tatsachen entsprechen. Darunter solche, die aus den Anfängen und Gründungsmühen nicht herauskamen. So etwa der sog. Volksbildungsverein, den Hollenberg 1875 mit der Absicht der Hebung des landwirtschaftlichen Niveaus seiner Zeit  anregte.

Die Webseite der Stadt enthält heute (2017) in der Rubrik „Vereine“ etwa 170 Eintragungen (Vereine, Clubs, Kreise, Vereinigungen, Interessengruppen). Es sind Eintragungen, die auch andere Namen als den eines „eingetragenen Vereins“ tragen.  Unter den genannten  nehmen Sportvereine, sozial engagierte Gruppen und Musikvereine zahlenmäßig Spitzenplätze ein. Sie sind, wie oft in den Anfängen des Vereinswesens, durchaus auch mehrfachen Zwecken gewidmet. Ihr Name und der Ort der Eintragung im nicht festgelegten Kategoriensystem sind offensichtlich nicht entscheidend für ihr Wirken und ihre Wirksamkeit. Dass die Stadt  sie unter dem Namen „Verein“ führt, bedeutet nicht, dass es sich in allen Fällen um eingetragene Vereine handelt. Gelegentlich fehlen Namen oder Telefonnummern des derzeit Verantwortlichen. Auch mögen nicht alle Gruppen angegeben sein. Nur wenige verfügen bislang über eine eigene Homepage und der Überblick ist dem Wandel der Koalitionen und dem jeweiligen Innenleben der Gruppierung entsprechend schwierig.