Auf der Höhe nahe Ziegenhardt, wo heute der private Reiterhof Rottland liegt, hat es anfangs des 18. Jh. nur einen Einzelhof gegeben. Iin unmittelbarer Nähe verläuft heute  die Gemeindegrenze zwischen Waldbröl und Nümbrecht. Sie liegt damit auf einer alten Territorialgrenze, die zwischen Sayn und Berg 1604 neu entstand und im sog. Siegburger Vergleich zwischen Berg und Sayn - Wittgenstein neu festgelegt wurde.

Die Örtlichkeit taucht schon in einer Karte des Amtes Windeck von 1715 unter dem  Namen "Trotzenberg" auf. Noch frühere Regionalkarten enthalten keinerlei Hinweise auf eine Besiedlung. . Ein erster  Hof an diesem Platz erscheint im 17.Jh. Er gehörte einer Familie Klein, deren Ernährer wegen der damals beliebten Falschmünzerei hingerichtet wurde,

Unter mehreren Besitzern entwickelte sich die anfangs kleine Bauernstelle, von Skandalen ihrer jeweiligen Eigentümer begleitet, und sie wurde bis zum Beginn des 20.Jhs durch Zukäufe zu einem Betrieb größeren Formats. Ende des 19. Jh lebte und wirtschaftete hier dreißig Jahre lang ein Bruder des 1853 nach Waldbröl zugezogenen Pastors und Schulgründers Wilhelm Hollenberg.

Eine durchgreifende bauliche Veränderung in den dreißiger Jahren ist verbunden  mit dem Namen des in Niederbreidenbach / Gem. Nümbrecht geborenen Dr. Robert Ley, Leiter der DAF, der größten Massenorganisation des Dritten Reiches. Er erwarb das Gut 1935 von der evangelischen Kirchengemeinde Köln, die in den zwanziger Jahren das alte Fachwerkgebäude in ein ansehnliches Erholungsheim umgebaut hatte.

Dr. Ley, Reichsorganisationsleiter der NSDAP und ergebener Gefolgsmann Hitlers, hatte die Absicht, hier nahe seinem Geburtsort, motiviert durch seinen politischen Aufstieg und wirksam über die Region hinaus, einen landwirtschaftlichen Vorzeigebetrieb entstehen zu lassen, welcher – so hoffte er - "noch in 1000 Jahren"  als Erbhof den Namen Ley in die Welt tragen werde.

 

Dass dies nicht weniger irreal war wie die Ausbaupläne für das benachbarte Waldbröl als Industriestandort (Volkstraktorenwerk) und Vorzeigestadt, wurde schnell deutlich. Einzig das fertiggestellte KdF-Hotel mit seinen hohen Wandmosaiken (das sog. Haus am Schaumburgweg, bis 2006 in Bundeswehrnutzung, seit 2008 buddhistisches Zentrum) sowie die lange Südmauer der projektierten Adolf-Hitler-Schule erinnern neben den verbliebenen Baulichkeiten auf Rottland heute an diese Jahre. Ley erhängte sich in Nürnberger Haft fünf Monate nach seiner Gefangennahme durch die Alliierten. Dies, wie es heißt, weil er die Schmach, im Sinn der Nürnberger Anklage für schuldig befunden und verurteilt zu werden, nicht ertrug.

Die beim Kauf des Gutes vorgefundene Anlage hatte Ley in den folgenden Jahren deutlich verändert. Er erneuerte und modernisierte die Stallungen, erweiterte den Innenhof   und ersetzte das vorgefundene stattliche Fachwerkgebäude und Haupthaus im Verlauf der Planungen durch ein seitlich angesetztes Herrenhaus im NS-Stil. Dieses wurde am Ende des Krieges bei der Annäherung der amerikanischen Truppen zerstört und die Überreste nach dem Krieg abgetragen. Die landwirtschaftlich genutzten Teile des Hofes, die Gesindehäuser und Nebenanlagen wurden vor der Vernichtung bewahrt und blieben im beinahe originalen Zustand erhalten.

 

Nach Kriegsende und nach Klärung der Vermögensverhältnisse wurden die auf den Ländereien entstandenen Aussiedlerhöfe landwirtschaftlich genutzt. Als privater Reiterhof wurde das ehemalige Gut Rottland vor allem Pferdefreunden ein Begriff.

 

Zur Architektur: Das im NS Stil erstellte Tor wurde 1937 gebaut mitsamt einer neuen Auffahrt, die mählich ansteigend direkt auf die Hofanlage zu führt.. Während an der Innenseite rechts noch heute ein Sämann in typischer Haltung und in dem grobem Realismus vieler NS-Skulpturen an das Blut-und-Boden-Denken der Nationalsozialisten erinnert, ist der Ordnungs- und Gefolgschaftsdenken symbolisierende SA Mann der gegenüberliegenden Nische seit Kriegsende verschwunden. Reste befinden sich in einem Bonner Museum. Auffällt ein daneben angebrachtes Getreidebüschel als faschistisches Symbol. Eine Informationstafel informiert über die Entstehung der Anlage. Nicht mehr sichtbar ist der schon kurz nach dem Krieg eingestürzte Luftschutzkeller, der sich seitlich der Auffahrt unterirdisch bis zum Herrenhaus hinzog.

 

Hauptgebäude: Das verschwundene Herrenhaus beschreibt anschaulich die 2005 gestorbene Tochter aus der ersten 1938 geschiedenen Ehe Leys in ihrem Buch "Mein Vater Robert Ley" (S. 73), die als Kind und Jugendliche den Hof und seine Menschen kennen lernte. Eine ausführlichere Beschreibung findet sich außer in den Bauplänen in dem Bericht, den der erste, bis 1940 hier tätige Verwalter des Gutes anfertigte. Der "Realitätstest" für dies alles habe noch ausgestanden, bemerkt R. Wald zu Recht, zumal die Arbeitsorte Leys damals in erster Linie Berlin und München waren und häufige Abwesenheit bedeuteten. Die neue Hausherrin und zweite Frau Leys lebte hier nach ihrem Umzug von Berlin nach Rottland nur ein Jahr bis zu ihrem überraschenden Selbstmord Ende 1942. Sie wurde auf einem Gelände oberhalb des Gutes beigesetzt. Das lange umlaufende Gerücht, sie sei ermordet worden, ist durch die Forschung widerlegt. Verwandte lebten zeitweilig ebenfalls hier, außer dem Verwalter und zahlreichen Arbeitskräften.

 

Dass die Erträge der Landwirtschaft allein den betriebenen Aufwand nicht finanzieren konnten, führte den ersten Verwalter in einen Konflikt mit dem Hausherrn und bereitete seine Entlassung vor. Sein später entstandener Bericht über die fünfjährige Arbeit auf dem Leyhof und die wachsende Kritik an den Zuständen stellen ein interessantes Dokument dieser Jahre dar. Für Ley, von seiner Familiengeschichte und Biographie her nicht weniger als von der nationalsozialistischen Ideologie und Zielsetzung her,  war der Umbau von Rottland sowohl ein persönliches wie ein politisches Projekt. Dafür zeugen u.a. die in den letzten Jahren des Dritten Reiches angefertigten Entwürfe und Anordnungen für die Bewirtschaftung des Gutes.

 

Innenausstattung: Über das einstige Aussehen des Haupthauses  informieren außer den Bauplänen  aus persönlicher Kenntnis die Beschreibungen von Prof. Wald. Sie erinnert sich in ihrem Buch:

" Das wehrhafte Haupthaus in Fachwerk stand auf einem Bruchsteinsockel. Die Einrichtung war gediegen. Im Souterrain befanden sich Küche und Vorratsräume, Personalräume mit Heimkino und Kegelbahn. Im Erdgeschoß in der Eingangshalle stand der Kamin, der mit Mosaikplatten belegt war, die Stationen aus Robert Leys Leben zeigten – von denen des Soldaten im 1.Weltkrieg bis zu denen des Politikers in Berlin am Brandenburger Tor. ..Eine breite Eichentreppe mit eingelegten Kassetten führte aus der Eingangshalle in die Wohn- und Schlafräume im ersten und zweiten Obergeschoß für Familie, Verwandte und Hauspersonal." ( a.a.O. S.89)

 

Ein Rundgang Steigt man die linke Treppe hoch, – von der Brüstung aus bietet sich ein Blick auf die gesamte Anlage – gelangt man über den ehemaligen Kartoffelkeller hinweg zu den Gesindehäusern, nach dem Krieg als Wohnungen genutzt. Die Nebengebäude sind ebenso wie große Teile der sich  anschließenden Stallungen in Fachwerk ausgeführt. Es wird deutlich, wie die NS-Architekten für manche Aufgaben den Einklang mit traditionellen Bauformen suchten und sich den lokalen Gegebenheiten in Material und Form anpassten. Auch einige der Stallungen wurden nach dem Krieg, ehe die Erbberechtigten das Vermögen nach mehreren Prozessen zurück erwerben konnten, in Wohnungen umgebaut und vermietet. Später wurde das Erbe an Private verkauft und die Flächen auf mehrere landwirtschaftliche Betriebe aufgeteilt. Ungefähr an der Stelle der Ruine des Herrenhauses ist ein moderner Bungalow entstanden..

Der Rundgang lässt sich nach Rücksprache mit dem derzeitigen Eigentümer bis zurück zum Parkplatz fortsetzen und führt dabei an einer mehrere hundert Jahre alten Linde vorbei, die als einzige von zwei sehr alten Linden die Jahrhunderte  überstanden hat und den Besucher an die Anfänge der Besiedlung im 17.Jh zurück führt.

(Fotos 1,2,4:  Archiv der Stadt Waldbröl, Bild 5 entnommen aus O. Budde, Waldbröl wie es wurde, was es ist, Bild 3 und 6: eigene. Die derzeit ausführlichste Darstellung über den Leyhof findet sich in dem Buch von K. Schröder. Aufstieg und Fall des Robert Ley  2008, S. 159 ff.)