Die NS- Zeit

 

So wie im allgemeinen Bewusstsein schwindet die Erinnerung an diese Zeit  auch im stadthistorischen Bewusstsein nur langsam. Zu deutlich griffen die Ereignisse in das Leben vieler Menschen vor Ort ein. Als ein zentrales Ereignis des 20. Jhs stehen die Erfahrungen mit dem Totalitarismus und der ihn begleitenden Gewalt da. Ausläufer wirken bis in Problemlagen der Gegenwart. Es mag dies der Grund dafür sein, dass es bisher keine stadthistorische Gesamtdarstellung dieses Jahrzehnts gibt.

Der Ort steht mit diesem Befund nicht alleine da. Zwar gibt es seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts Gesamtdarstellungen  für die Zeit der Weimarer Republik und die folgenden 12 Jahre bis zum Ende des Krieges, inzwischen auch soweit es die  Entwicklungen im gesamten Oberbergischen angeht[1]. Einzelne Aspekte sind daneben genauer untersucht.[2] Aber für die einzelnen Orte und ihre Teilhabe fehlt die umfassende Rückschau. Zu unerheblich scheint, was auf untergeordneter Ebene geschah. Ein unparteiisches Urteil ist auch hier schwer möglich, vieles mag immer noch dem Streit ausgesetzt sein  und es wird überlagert von der Masse der Darstellung übergeordneter Entwicklungen und dem Wust in den Archiven lagernder Lokalquellen.

Wagen wir dennoch einige Feststellungen. Dass ein hochrangiger „Paladin“ des Führers der heutigen Stadt 1938 als seiner Heimatregion  mit der vorgesehenen Erhöhung zur Großstadt und Industrieansiedlung ein beachtliches Geschenk machen wollte, erwies sich im Nachhinein als  „ monströses Geschenk“ in der Art des Trojanischen Pferdes.[3] Es hob den Ort  zwar vorübergehend heraus aus seinem regionalen Umfeld, erwies sich aber, auch wenn – heute wird man sagen glücklicherweise - nur wenige Elemente dieser Stadtutopie in den Jahren  des beginnenden Krieges verwirklicht wurden, als ein echtes Danaergeschenk. Nicht nur architektonische Spuren blieben. Es blieben neben der industriellen Unterentwicklung u.a. das Nutzungsproblem der vorhandenen Anlagen als auch das Denkmalschutzproblem. Es hing dem Ort seine geplante Verwandlung dergestalt noch lange an, als der Krieg längst über ihn hinweggerollt und er in seine ländliche Vorgeschichte und in die allgemeine Nachkriegsgeschichte zurückgefallen war. Es behinderte in den Jahren der  beginnenden Demokratie u.a. die schon lange vor 1933 anvisierte, nach Verlust der Kreishauptortfunktion  aber nun an neue Bedingungen geknüpfte und darum erst 1957 mühsam vollzogene Ernennung zur Stadt. Verbunden mit einem Vorgang, der wie viele andere genauer zu untersuchen und darzustellen bleibt.

Hinzu kam ein anderes. Das Wirken des in der Nähe geborenen,  hier auch zur Schule gegangenen Parteiführers hatte schon in dem Weimarer Jahrzehnt eine besondere Vorgeschichte hinterlassen. Die voreilig abgeleitete Hoffnung, dass die Nationalsozialisten, einmal an der Macht, die Kreisreform von 1932 rückgängig machen würden, erwies sich als Fehleinschätzung. Dass der landwirtschaftlich geprägte und für die Schalmeien der neuen Zeit anfällige Südkreis in den Jahren des Aufstiegs der NS- Ideologie eine braune Schlagseite entwickelte, wie sich an den Wahlergebnissen ablesen lässt, erwies sich als Hypothek, die nur über die Jahrzehnte einer neuen demokratischen Entwicklung abzutragen war. Der mit der Kreisreform entstandene Verlust einiger an der Sieg gelegener Gemeinden blieb zudem lange spürbar und wurde nach 1945 Teil einer Abwärtsspirale, während die Zentralisierung andernorts fortschritt und viele der vor Ort ehedem ansässigen Ämter eine neue zentrale Anbindung suchten.

 

[1] Vgl. Oberbergische Geschichte, hg. von Klaus Goebel in 3 Bänden, 1998-2001

[2] Vgl. etwa die einschlägigen Arbeiten von H.W. Brandenburger über Leyland  und Rosendahl-Kraas über die geplanten Volkstraktorenwerke

[3] Vgl. die  Bewertung des Kreisarchivars G. Pomykaj in seiner Darstellung der Zeit des Nationalsozialismus in Bd. 3 der Oberbergischen Geschichte.