In einer der erhaltenen Waldbröler Schulchroniken ist aus dem Krieg 14-18 die Geschichte eines Bewohners aus dem in der Gemeinde gelegenen Ort Niederhausen festgehalten, der an der damaligen Ostfront eingesetzt war und sich und seine Truppe aus einer ausweglosen Lage gegen eine Übermacht zu befreien wusste. Es fehlte in den bewegten Zeiten der Eltern und Großeltern zweifellos nicht an ähnlichen Beweisen von Mut und Tapferkeit. Geschichten dieser Art festzuhalten und weiterzuerzählen half, die eigenen Belastungen besser zu ertragen. Details dürften sich bei der mündlichen Weitergabe gelegentlich verschoben und mit den eigenen Akzenten des Erzählers verbunden haben. Sie ergaben gemeinsam eine Saga, von der man hoffte, dass sie als Vorbild bis in die ferne Zukunft wirken würden. Der Chronist erzählt darum seine Geschichte stilsicher und mit Respekt gegenüber der Tat und ihrem Helden. Anschließend an die erwähnte Verleihung des Eisernen Kreuzes an einen anderen Bewohner des eigenen Schulbezirks heißt es:

 

„ Ebenso [erhielt diese Auszeichnung ]schon vor einem Jahre Wilhelm Bestgen aus Niederhausen für ein unglaublich tollkühnes Stück: Die Komp.[Kompanie] lag auf gefrorenem Sumpf, durch einen Seearm vom Feinde getrennt, der ihr durch Geschützfeuer hart zusetzte. Eingraben war unmöglich, ebenso Heranziehen von Artillerie. Die Komp. lag dem Feinde sozusagen auf dem Präsentierteller und durfte doch nicht weichen. Der Führer war in verzweifelter Stimmung. Bestgen erbot sich zu einem Übergangsversuch. Der Hauptmann schüttelte zwar den Kopf, gab aber schließlich seine Einwilligung. Mit noch 4 Freiwilligen schiffte Bestgen im ersten Morgengrauen auf einer Eisscholle über das Wasser. Zwei km weit hatten sie Gesträuch und Gestrüpp zu durchkriechen, ehe sie vor die russische Stellung, eine Bodenwelle im freien Felde, gelangten. Sie verteilten sich am Rande des Gebüschs und begannen ein Schnellfeuer auf die Russen, die eben mit dem Morgenimbiss beschäftigt waren. Dazwischen kommandierte Bestgen mit einer Stimme, als ob er über Regimenter verfügte. Schließlich forderte er dieRussen zur Übergabe auf, und die Überraschten, die sich von einer Übermacht umzingelt glaubten, warfen die Waffen auf einen Haufen. Die fünf Deutschen sprangen hinzu. Als dieFeinde den Sachverhalt gewahrten, machten sie Miene, sich auf unsere fünf zu stürzen, doch deren drohende Gewehre hielten sie in respektvoller Entfernung. Nur der russische Führer sprang vor. Und Bestgen, ein baumstarker Mann, musste ihn erst niederringen, mittlerweile war die Komp., der durch verabredete Signalschüsse der gelungene Überfall gemeldet worden war, herüber gekommen und erlöste die Tollkühnen aus ihrer immerhin gefährlichen Lage. Die Beute bestand aus 6 Geschützen, über 300 Gefangenen, Munition, Gewehren, Zelten und Feldküchen, die eben ausgabebereit waren. "Das Beste waren die Gulaschkanonen!" meinte Bestgen schmunzelnd. Die Unteroffiziers-Tressen [Uniformdekoration], das EiserneKreuz und 75 M [Mark] Beutegeld waren der Lohn der verwegenen Tat. B. ist ein 32 jähriger Ersatzreservist.“