Wie die Waldbröler zu ihrem Lied kamen 

 

 

Dass das Volkslied  „Kein schöner Land in dieser Zeit“ und die Titelzeile es nicht nur den  Waldbrölern angetan haben, kann man bei vielen Gelegenheiten feststellen. An Chören fehlt es nicht, die dem Lied und seinem Schöpfer bis heute Reverenz erweisen. Das Lied  erschien erstmals 1840 in jener Sammlung  deutscher Volkslieder, die der älteste Sohn des ehemaligen Waldbröler Friedensrichters Jakob Salentin  in seinem späteren Leben in einem Berliner Verlag in Fortsetzung der Kretzmerschen  Fassung herausgab. Dass er diese Melodie vom „Niederrhein“ , wie es in der Überschrift heißt, bereits vorgefunden habe, um dann den berühmten eigenen Text und den Titel „Abendlied“ hinzuzufügen, brachte ihm schon von Zeitgenossen den Vorwurf ein, dieses Lied in die Sammlung als altes Volksgut eingeschmuggelt zu haben. Und es ergab sich wie bei anderen seiner Lieder eine heftige Kontroverse über die Frage, ob das Verfahren erlaubt sei. Nicht nur der Erfolg sprach für ihn, sondern auch die später vorgetragene Verteidigung, dem schlechten Geschmack vieler Hervorbringungen seiner Zeit etwas  haben  entgegensetzen zu wollen.

Inzwischen lebten der Autor und seine musikalische Familie schon lange nicht mehr in Waldbröl . Schon  früh und noch während der napoleonischen Zeit hatte der Vater nahe Mülheim am Rhein eine Stelle als Maire angetreten und war nach Abzug der Franzosen der erste preußische Bürgermeister geworden. Ein von ihm gegründetes Orchester musiziert  als eines der frühesten rheinischen Laienorchester im nahen Burscheid noch heute. Nur ein einziges Mal in seinem Leben ist Anton Wilhelm noch einmal wieder für einen kurzen Besuch nach Waldbröl zurückgekehrt, doch der Ruhm, den der Herausgeber, Sammler und Verfasser des Liedes sich in bürgerlichen Kreisen des Rheinlands im Lauf des Lebens erworben hatte, erreichte schon früh auf anderen Wegen seinen Geburtsort. Die Waldbröler Zeitung, damals noch Waldbröler Intelligenzblatt genannt ,veröffentlichte schon im ersten Jahr ihres Erscheinens (1859) und  noch zu Lebzeiten des Autors einen  längeren Artikel über das umtriebige Leben und Wirken des reisefreudigen Hauslehrers und Volksliedfreundes.  Dort wurden auch die Umstände der Redaktion der Volksliedsammlung und ihrer Verbesserung durch Anton Wilhelm  ausführlich dargestellt.

Der Umstand, dass sich der Autor gelegentlich im Titel seiner Veröffentlichungen als „Wilhelm von Waldbrühl“ ausgab und damit auf das unscheinbare Dorf  im  Bergischen verwies, das noch zu Zeiten der Franzosen Mittelpunkt eines Cantons und unter den Preußen nach dem Wiener Kongreß  Kreishauptort geworden war, und das sich sein Geburtsort nennen  durfte, festigte die Beziehung zwischen dem Dorf und diesem Nachfahren italienischer Migranten, die Generationen zuvor den Weg ins Rheinland gefunden hatten. Heute kommt es den Waldbrölern vor, als habe er ausgerechnet dieses Lied und seinen Text für sie geschrieben. Sie haben die Patenschaft für das Lied nicht erst durch ihr Glockenspiel übernommen.