Wilhelm Hollenberg II (1820-1912)

Angefangen hat das heutige Gymnasium im Jahr 1861 in der Vorform einer höheren Bürgerschule (ab 1900 Rektoratschule) auf privater Basis mit anfangs 12 Schülerinnen und Schülern.  Die Bezeichnungen in der Abfolge  Privatschule,  Gemeinde-Rektorat-Schule und ab 1921 Hollenbergschule spiegeln einige der Etappen ihrer Entwicklung.  Es war eine Initiative mit Weitblick. Weiterbildende Angebote gab es damals nur in entfernten und schlecht zu erreichenden Orten des Oberbergischen und außerhalb. Waldbröl indes war seit 1810 Kantonszentrum und nach 1816 Kreismittelpunkt. Das erweiterte ab etwa der Mitte des Jahrhunderts seine Möglichkeiten.

Es hat in den interessierten Bevölkerungskreisen zweifellos Zustimmung gegeben für den mutigen Versuch des damaligen Kreisschulpflegers, der Hollenberg ab Nov. 1853 über 20 Jahre hindurch bis Jan. 1876 war. Teile der Bevölkerung wünschten sich seit längerem für ihren Nachwuchs ortsnahe Ausbildungsgelegenheiten weiterführender Art. Ähnliches hatte sich auch in den Städten der Nachbarschaft in der einen und anderen Form und zum Teil früher abgespielt. Seit dem Vorgänger Danzier des damaligen Landrats Maurer (ab 1852) hatte auch hierzulande eine deutlichere wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung eingesetzt. Vieles sprach damit für einen solchen Versuch. Der Schulgründer selbst hat sich über die Impulse, die ihn bewogen privat tätig zu werden, am Ende seines Wirkens in Waldbröl verschiedentlich geäußert. Religiöse Gründe waren dabei ein wichtiges Motiv. Hollenberg empfand die humanistische und reformatorische Aufforderung Melanchtons, Menschen so zu bilden, dass sie die Bibel und griechische Texte lesen konnten, über die Jahrhunderte hinweg wie an ihn selbst gerichtet.

Dass er kurz vor seinem Amtsantritt in Waldbröl in Burscheid an der Gründung einer höheren Bürgerschule mitgewirkt hatte, wo die Probleme ähnlich waren, dürfte nicht ohne Einfluss gewesen sein, als er 1861, nun in Kenntnis der Kreisschulverhältnisse und vielleicht auch in Kenntnis des 1860 in Burscheid aufgegebenen Versuchs, dort eine Bürgerschule am Leben zu erhalten, privat seinen eigenen Versuch in Waldbröl startete.

Aber das Wirken Hollenbergs als Kreisschulpfleger ging in den folgenden Jahren weit über die privat gegründete Bürgerschule hinaus. Sein Bemühen, die Schulbezirke zu verkleinern und andere einzurichten, die Schulwege zu verkürzen und den Besuch der Schulen zu erleichtern, den Bau neuer Schulhäuser auch gegen den Widerstand der Gemeinderäte   durchzusetzen, die Zahl der Schüler pro Klasse zu verringern war natürlich auch im Interesse der sich im allgemeinen vernachlässigt fühlenden Lehrerschaft. Dass Preußen, zu dessen ärmsten Gegenden das Land zwischen Sieg und Bröl lange gehört hatte, erst mit dem Gedanken an nationale Stärke und gut ausgebildete Rekruten die Volksschule als Entwicklungsaufgabe wahrnahm, brauchte Zeit.

Ohne den üblichen Dispens eines hohen Teils der Schüler und das beklagte Fehlen waren lange die meisten Schulräume viel zu klein. Vincenz von Zuccalmaglio, der jüngere Bruder des Anton Wilhelm, hat die Verhältnisse in den damaligen Schulen in seiner 1846 erschienenen „Beschreibung und Geschichte der Stadt und des Kreises Mülheim“ anschaulich dargestellt und darin mit kritischen Worten nicht gespart. Die Verhältnisse waren in weiten Teilen von Rheinpreußen bis in die 2. Hälfte des Jhs. vergleichbar.

Auf die Chronologie der Waldbröler Schulentwicklung in jenen Jahrzehnten wurde bereits früher hingewiesen und sie liest sich anhand der Daten für die Jahre Hollenbergs als Kreisschulpfleger zwischen 1853 und 1876 wie folgt:

1) 1.11.1853 Neubau der ev. Volksschule Waldbröl, Eröffnung u.a. mit einer Ansprache Hollenbergs, der im gleichen Monat das Amt des Kreisschulpflegers übernahm

2) 1856 Umzug der Schule Bladersbach in ihren Neubau

3) 3.8.1857 Einweihung der katholischen Volksschule Ziegenhardt, Unterricht in einem neu errichteten und angemieteten Gebäude

4) 3.12.1861 Einweihung der Schule Hermesdorf und Schließung der Schule Wilkenroth

5) 3.12.1861 dgl. Einweihung der Schule Dickhausen statt Wilkenroth

6) 3.9.1873 Einweihung der katholischen Volksschule Schönenbach in einem vorläufig angemieteten Gebäude, eigener Schulbau ab 1885

7) 23.8.1874 Einweihung der ev. Volksschule Heide, Schließung der Schule Hochwald

8) 23.8.1874 ebenso Einweihung der ev. Volksschule Wies, Schließung der Schule Hochwald

9) 15.11.1874 Einweihung der ev. Volksschule Rossenbach [1]

Die Zeit Wilhelm Hollenbergs war, wie man sieht, eine Epoche, in der die Verbesserung der schulischen Situation des Landkreises im Mittelpunkt der Bemühungen des damaligen Kreises stand, nicht zuletzt dank eines zeitweise intensiven Zusammenwirkens von Landrat und Kreissschulpfleger.

 

 

 

[1] Daten entnommen der maschinenschriftl. Darstellung von Budde 1972 : Bilder aus der Geschichte der Stadt Waldbröl und ihrer Schulen