Der folgenden "Brölbahnballade" (Fortsetzung folgt)  im Stil von Wilhelm Busch fehlen nur die passenden Zeichnungen und  dieser 1904 entstandenen gereimten Schilderung einer nächtlichen Brölbahnfahrt wäre das Vergnügen des Lesers auch heute jederzeit sicher.

Das Brölbähnchen verkehrte als eine der frühesten deutschen und erste rheinische Schmalspurbahn nach vollem Ausbau  ab den 7o er Jahren des 19.Jahrhunderts (1872) auf der Strecke Waldbröl-Hennef und weiter bis Bonn/Beuel (dies bis 1953, dann Ersatz durch Kraftbusse).  Es verbesserte wesentlich die Verkehrsverbindungen im Güter- und Personenverkehr. So vor allem  in der Zeit, ehe die Reichsbahn 1906 das Dorp am Ende des Bröltals erreichte. Ehe auch Waldbröls dritte lokale Zugverbindung mit der sog. Bielsteiner Bahn zur Verfügung stand. Der Personenverkehr wurde nach ca. 100 Jahren Existenz eingestellt und die Gleise wurden entfernt.

 

Es hatte für alle Fahrgäste durch die  Enge seiner  Wagen einen zweifelhaften Reiz der Benutzung, vergleicht man den heutigen Komfort. Und es ging langsam, sehr langsam. Man hätte ein Schild nicht unpassend gefunden: Blumenpflücken während der Fahrt verboten. Das Bähnchen quäte sich geradezu der Steigung wegen von Station zu Station. Nicht nur im Dunkel des Abends  ein heimeliges Vergnügen.

Der Verfasser der Ballade war Arzt und erster Leiter der Heil- und Pflegeanstalt bis 1904, dann Anstaltsleiter in Müritz, damals Kreis Posen. Er schildert eine abendliche Fahrt durch das dunkle  Bröltal bis Waldbröl.

Zur Quellenlage: Ein Begleitbrief des Einsenders   verwies seiner Zeit darauf, dass ihm Gottfried Corbach 1938 eine Kopie dieser Brölbahnballade zueignete, als dieser noch Lehrer in Bladersbach war. Die Information über Ludwig Scholz entstammt dem Heft 1904 der Raiba –Chronik.

 

 



Brölbahnballade (1904) Text : Dr. Ludwig Scholz

 

(Hier ohne die Verseinteilung der Anfang der Ballade, die einer Fahrt von Hennef nach Waldbröl im Dunkel der Nacht gewidmet ist. .

 

Des Abends läuft so gegen neun der Kölner Zug in Hennef ein. Der Großstadt tausend stimmges Brausen hörst du noch in den Ohren sausen; der Hohen Straße Lichterglanz lebt noch in deiner Seele ganz.

 

Jetzt wartet deiner eng und schmal ein kleines, dunkles, stilles Tal und tief in Bergen, tief verschneit Waldbröl in seiner Einsamkeit.

 

Verschlafen steigst du aus dem Wagen, der deinen müden Leib getragen ;der Seele unbestimmtes Sehnen verrät ein langgezognes Gähnen. Der Knipsmensch das Billett kupiert, du gibst es still und resigniert. Ein Pilsner wird dir nützlich sein, der Wartesaal blickt düster drein, so unbehaglich und so traurig, du fühlst dich öde, kalt und schaurig. Die Schnittchen sind schon etwas trocken, ein Soolei kann dich eher locken, das mit den Brüdern trüb und nass sich wälzt im salz´gen Wasserglas.

 

."Einsteigen!" – Nun in Gottes Namen, du zahlst das Soolei und sagst Amen. Das Bähnchen wartet schon getreulich, ein gutes Tier, und schnaubt abscheulich und bläht die Backentaschen weit', voll höchst bornierter Sittsamkeit. Du kannst dies prustende Behagen bei deiner Stimmung kaum ertragen.

 

Nun klimmst du zum Kupee hinauf. Die Tür ist zu und will nicht auf. Du zerrst und ziehst, die Hand wird schwärzlich, du ruckst und reißt und spürst es schmerzlich Jetzt geht"s, du hast sie aufgekriegt, doch drin bist du noch lange nicht, denn sie versperrt mit ihrer Breite den ganzen Zugang von der Seite und höhnt dich schier mit ihrer Plastik;, hier hilft nur eines : die Gymnastik.

Du machst dich möglichst schmal und dünn und drängst dich ganz zur Seite hin. Den Koffer hoch! sie schlüpft vorbei, du kannst hinein, der Leib ist frei.

 

Und puh, ein fürchterlicher Brodem       mischt sich mit deinem Lebensodem, er wallt dir dumpf ins Angesicht, die Finsternis verhüllt das Licht. Zwei ganz armsel'ge Stümpfelein, ach, blicken die erbärmlich drein ! Vorläufig kannst du nichts erfassen als einige verschwomm'ne Massen; in dumpfer Resignation verharrn sie eine Weile schon, und alle sehn dich, Frau und Mann, mit unverhohl' nem Mißtraun an, als sei es gegen jedes Recht, daß du zum Mitfahrn dich erfrecht.